Metanavigation:

Hier finden Sie den Zugang zur Notfallseite, Kontaktinformationen, Barrierefreiheits-Einstellungen, die Sprachwahl und die Suchfunktion.

Navigation öffnen
Nahaufnahme mehrerer Probenröhrchen, die auf einem Tisch liegen. Im Hintergrund ist unscharf der Schriftzug "Charité" auf einem Formular erkennbar.

Zielgerichtete Krebstherapien

Ziel des Projekts ist es, tumortherapeutische Toxinkonstrukte mit einem neuartigen molekularen Adapter zur hocheffizienten intrazellulären Wirkstoffaufnahme zu entwickeln.

Sie befinden sich hier:

Zielgerichtete Krebstherapien

In der Tumortherapie stellen Tumore, die durch lokale Behandlung nicht vollständig entfernt werden können, ein erhebliches Problem dar, da komplette, dauerhafte Remissionen durch Chemotherapie nur bei einem kleinen Teil der Tumorentitäten erreichbar sind. Daher sind immunologische Therapieansätze von größtem Interesse.

Mit der Entdeckung monoklonaler Antikörper wurde die Idee geboren, durch die Kopplung von tumorzellspezifischen Antikörpern an cytotoxische Substanzen gezielt Tumorzellwachstum zu inhibieren, während normal differenzierte Zellen unbeschadet bleiben. Anstelle von Antikörpern finden auch Liganden für tumorzellspezifische Rezeptoren wie Wachstumsfaktoren oder Interleukine Verwendung. Bei der Entwicklung solcher zielzellgerichteten Toxine wurde deutlich, dass die wesentlichen Probleme in drei Ursachen begründet sind:

  1. Die Antigenspezifität der Antikörper oder die Tumorzellspezifität des Antigens ist nicht ausreichend, so dass es auch zur Bindung an normal differenzierte Zellen kommt.
  2. Die Toxine selbst binden an die Oberflächen normal differenzierter Zellen und erreichen deren Zytosol über toxineigene oder zelleigene Membrantransfermechanismen.
  3. Die zielgerichteten Toxine erreichen zwar die Zielzellen, aber es kommt zu keiner ausreichenden Aufnahme des Toxins ins Zytosol.

Darüber hinaus gibt es weitere Gründe, die im Einzelfall dazu führen können, dass das zielgerichtete Toxin wirkungslos bleibt, z. B. ein intensives Abschilfern des Antigens und das dadurch bedingte Auftreten eines löslichen Kompetitors.

In den nachfolgenden Projektbeschreibungen zeigen wir Ansätze, wie man durch das Design zielgerichteter Toxine sowie durch die Verwendung von glykosylierten Triterpenoiden die Aufnahme ins Zytosol steigern und damit die genannten Probleme adressieren kann.

Aktuelle Projekte

Der Calcitonin-Rezeptor als Zielstruktur bei der Behandlung von Glioblastomen mittels glykanbasierter, ortsspezifischer Kopplung von Nanobodies an Toxine

Eine Kooperation mit der Universität Melbourne, Australien.

Das Glioblastom ist ein tödlicher Hirntumor, der bei 50 % der Patienten innerhalb von 15 bis 17 Monaten nach der Diagnose tödlich endet. Es gibt keine wirksame Behandlung, was einen ungedeckten Bedarf im globalen Gesundheitswesen darstellt.


Die Gruppe von Peter Wookey in Melbourne fand heraus, dass die meisten Glioblastome (78–88 %) den Calcitonin-Rezeptor (CTR) exprimieren. Daraufhin wurde der Antikörper mAb2C4, der gegen CTR gerichtet ist, in seiner Gruppe entwickelt. Interessanterweise werden Krebsstammzellen, welche die Ausbreitung von Hirntumoren vorantreiben, ebenfalls angegriffen. Das bedeutet, dass mAb2C4 oder die kürzlich davon abgeleiteten kleineren Nanokörper, die ein tiefes Eindringen in solide Tumore ermöglichen, ein wirkungsvolles Mittel sein können, um bösartige Zellen solider Hirntumore zu adressieren. Weiterhin ist zu bedenken, dass der Zugang zur Mikroumgebung des Tumors durch die Blut-Hirn-Schranke beeinträchtigt ist.

Die Verknüpfung des Nanokörpers mit einem Toxin bietet eine Möglichkeit, die therapeutische Wirkung auf Krebszellen zu verbessern; allerdings stellen der ineffiziente Endosomal Escape des internalisierten Toxins und die ortsspezifische homogene Modifikation des Nanokörpers noch eine Herausforderung dar. Unsere Gruppe hat zusammen mit europäischen Partnern die ENDOSCAPE-Technologie (siehe Endosomal Escape Enhancer und ENDOSCAPE-Projekt) entwickelt, die einen effektiven Transfer der Wirkstoffs in das Zytosol ermöglicht. Weiterhin hat unsere Gruppe hochentwickelte Technologien zur ortsspezifischen Modifizierung von Proteinen entwickelt, um exakt definierte und homogene Kopplungsprodukte zu erhalten. Gemeinsam mit der Gruppe in Melbourne haben wir die Wirksamkeit von mAb2C4-Immuntoxinen zur Behandlung von Hirntumor-Stammzellen in einer gemeinsamen Publikation bestätigt. Erste Tierstudien haben bestätigt, dass das Prototyp-Immunotoxin in einem Mausmodell mit Glioblastom wirksam sein kann.

In dem Projekt werden aktuell verschiedene Nanokörper-Toxin-Varianten mittels einer neuartigen, ortsspezifischen, auf Glykanen basierenden Kopplungstechnologie entwickelt und hergestellt. Die Immunotoxine werden sodann für empirische Tests in Zellkulturen und Maus-Xenograft-Modellen, sowohl in subkutanen als auch intrakraniellen, orthotopen Modellen verwendet.


Die Verwendung von Selbstmordgenen zur Tumortherapie


Anstelle der Toxine kann man auch die Gene dieser Toxine in die Tumorzellen einschleusen. Das hat zwar den Nachteil, dass das zielzellspezifische Einbringen von DNA in die Tumorzellen noch schwieriger ist als das von Proteinen, jedoch den Vorteil einer Vervielfältigung, denn aus nur einem Gen können beliebig viele toxische Proteine translatiert werden. Da auf diese Weise die Zelle die tödlichen Toxine selbst produziert, spricht man auch von Selbstmordgenen. Da es sich hierbei um einen gentherapeutischen Ansatz handelt, finden sich weitere Informationen auf den Seiten zum kontrollierten Gentransfer.

Abgeschlossene Projekte (Auswahl)

Verbesserte Therapie des B-Zell-Non-Hodgkin-Lymphoms durch Obinutuzumab-Dianthin-Konjugate in Kombination mit dem endosomalen Escape Enhancer SO1861


Immuntoxine binden nicht nur an krebsspezifische Rezeptoren, um die Eliminierung von Tumorzellen durch das angeborene Immunsystem zu vermitteln, sondern erhöhen auch die Zytotoxizität durch die Aktivität des Toxins. In früheren Publikation hat unsere Gruppe gezeigt, dass das pflanzliche Glykosid SO1861 den Endosomal Escape von zielgerichteten Toxinen in nicht-hämatopoetischen Zellen verstärkt und damit deren Zytotoxizität um ein Vielfaches erhöht (z. B. Bharghava et al., von Mallinckrodt et al.).


Hier haben wir diese Technologie zum ersten Mal in einem In-vivo-Modell für Lymphome getestet. Zunächst wurde der therapeutische CD20-Antikörper Obinutuzumab chemisch mit dem Ribosomen-inaktivierenden Protein Dianthin konjugiert. Die Zytotoxizität von Obinutuzumab-Dianthin (ObiDi) wurde an menschlichen B-Lymphozyten (Burkitt-Lymphom-Zellen, Raji) untersucht und mit menschlichen T-Zell-Leukämiezellen (Jurkat) als Off-Target-Zellen verglichen. In Kombination mit SO1861 war die Zytotoxizität für die Zielzellen 131-mal höher als für die Off-Target-Zellen.


Die In-vivo-Studie in einem Xenograft-Modell des B-Zell-Lymphoms in Mäusen zeigte, dass ObiDi/SO1861 das Tumorwachstum wirksam verhindert (51,4 % Ansprechrate) verglichen mit der Monotherapie mit ObiDi (25,9 %) und nicht konjugiertem Obinutuzumab (20,7 %). Auch die Verringerung des Tumorvolumens und die Überlebensrate wurden verbessert. Insgesamt tragen unsere Ergebnisse wesentlich zur Entwicklung einer Kombinationstherapie mit SO1861 als Plattformtechnologie zur Verbesserung der Wirksamkeit von therapeutischen Antikörper-Toxin-Konjugaten bei Lymphomen und Leukämie bei (Panjideh et al.).


Ein spaltbarer Peptidadapter steigert die Wirksamkeit zielgerichteter Toxine in Kombination mit dem glykosidischen Endosomal Escape Enhancer SO1861


Die Behandlung mit zielgerichteten Tumortoxinen versucht die Nachteile herkömmlicher Krebstherapien zu überwinden, indem die zytotoxische Wirkung eines Medikaments gezielt auf Krebszellen gelenkt wird. Der Erfolg mit zielgerichteten Toxinen wird jedoch dadurch beeinträchtigt, dass die Konstrukte in der Regel außerhalb der Zelle gebunden bleiben oder nach rezeptorvermittelter Endozytose entweder zur Zelloberfläche zurücktransportiert werden oder in Lysosomen abgebaut werden. Daher sind Lösungen für einen effektiven Endosomal Escape ein dringender Bedarf bei der Behandlung mit zielgerichteten Toxinen.


In dieser Arbeit wurde ein molekularer Adapter, der aus einem zelldurchdringenden Peptid und zwei spaltbaren Peptiden besteht, in ein zielgerichtetes Toxin zwischen dem Ribosomen-inaktivierenden Protein Dianthin und dem epidermalen Wachstumsfaktor eingefügt. Mit Hilfe von Zytotoxizitätstests wurde in dieser Studie untersucht, ob die Zugabe des Adapters den Endosomal Escape, der durch das glykosylierte Triterpenoid SO1861 bereits bis zu mehr als 1000-fach verstärkt wird, weiter verbessert. Die Einführung des Peptidadapters in das Zieltoxin führte zu einer etwa 12-fachen Steigerung der Zytotoxizität auf Zielzellen, während SO1861 eine 420-fache Steigerung bewirkte. Die Kombination von Adapter und glykosyliertem Triterpenoid führte zu einer mehr als 3960-fachen Verstärkung und zusätzlich zu einer 47-fachen Steigerung der Spezifität. Dies zeigt, dass der spaltbare Peptidadapter eine vielversprechende Technologie darstellt, um den durch glykosylierte Triterpenoide vermittelten Endosomal Escape weiter zu verstärken.


Dianthin-EGF in Kombination mit dem Endosomal Escape Enhancer SO1861 kann eine wirksame zielgerichtete Therapie für das Nicht-kleinzellige Bronchialkarzinom sein


Lungenkrebs ist eine der bösartigsten Krebserkrankungen mit der höchsten Inzidenz und Sterblichkeitsrate weltweit. Die Entwicklung neuer zielgerichteter Medikamente ist daher von besonderer Bedeutung. In unserer Studie haben wir sowohl das Ribosomen-inaktivierende Protein Dianthin als auch ein Fusionsprotein aus Dianthin und epidermalem Wachstumsfaktor (EGF), das gegen den EGF-Rezeptor (EGFR) gerichtet ist, exprimiert und gereinigt. Mit einem Zytotoxizitätstest wurde in Zellkulturen die Wirksamkeit von Dianthin und Dianthin-EGF mit oder ohne Unterstützung des glykosylierten Triterpenoids SO1861, das den Endosomal Escape vermittelt, nachgewiesen. Die Ergebnisse der In-vitro-Zytotoxizitätstests zeigten, dass Dianthin-EGF spezifisch gegen die Lungenkrebszelllinie PC9 mit hoher EGFR-Expression wirkt. Darüber hinaus verstärkte SO1861 den Endosomal Escape von Dianthin-EGF um das 55.000-fache.


Die kombinierte Therapie wurde in Xenograft-Mausmodellen angewandt, und es wurden verschiedene Behandlungen (Dianthin-EGF ± SO1861, Placebo) verglichen. Nach acht Behandlungszyklen wurden den Mäusen Blut, Organe und Tumor für weitere Analysen entnommen. Die Kombination von Dianthin-EGF und SO1861 reduzierte die finale Tumorgröße bei Mäusen um mehr als 70 %. Gleichzeitig wurden keine Nebenwirkungen von Dianthin-EGF und SO1861 auf die Organe und das Blut der Mäuse beobachtet. Dianthin-EGF ist somit ein vielversprechendes zielgerichtetes Toxin, das die Vermehrung von Tumorzellen mit Hilfe von SO1861 stark einschränken kann.

Weitere Informationen zur Forschung der AG Fuchs